hatte, sich in die nächste Ecke zu verkriechen. „Haben Sie einen Organspenderausweis?"
„Ich fürchte, meine Organe wollen die nicht."
Der Blick wurde ein wenig sanfter: Miss Evans zog genau den Schluß, den Henry beabsichtigt hatte. „Das tut mir leid. Aber solange man lebt, kann man noch hoffen, und die Medizin vollbringt ja heute wahre Wunder." Sie grinste. „Schließlich ist es ein Wunder, daß ich immer noch am Leben bin!" Sie zog ihre Begleiterin hinter sich her den Flur hinab, was ein wenig so aussah, als würde ein großes Schiff von einem winzigen Lotsenboot durch den Hafen geschleppt, und winkte den beiden Männern zum Abschied fröhlich zu. „Tun Sie nichts, was ich nicht auch täte!"
„Das läßt uns einigen Spielraum", murmelte Henry, als sich die Fahrstuhltüren schlossen und Mrs. Munros aufgeregte Proteste nicht mehr zu hören waren.
Tony ließ sich gegen die Wand der Fahrstuhlkabine sinken, die Hände in den Hosentaschen. „Ehe ich Miss Evans kennenlernte, dachte ich immer, alle alten Damen seien leicht verwirrt und würden riechen. Vielleicht schickst du deinen Geist einfach mal rüber zu ihr."
„Warum das denn?"
„Wo doch alle guten Männer tot sind ..."
„Oder schwul", ergänzte Henry. „Was, wenn sich nun herausstellt, daß mein Geist beides ist? Mit Lisa würde ich mich ungern anlegen."
Tony dachte an die Folgen, die das haben könnte, und schauderte. „Ich wollte dich immer schon mal fragen, warum du zu allen im Haus so freundlich bist. Immerfort redest du mit Leuten. Ich habe gedacht, es wäre für dich sicherer, ein wenig ..."
„... zurückgezogener zu leben?"
„Ein großes Wort. Privat, wollte ich sagen, aber zurückgezogen geht auch."
„Menschen fürchten sich vor dem, was sie nicht kennen." Die beiden Männer verließen den Fahrstuhl in der Tiefgarage der Wohnanlage und gingen nebeneinander zu Henrys BMW. „Wenn die Leute denken, sie kennen mich, haben sie keine Angst vor mir, und wenn dann das Gerücht entsteht, ich könnte unter Umständen gar nicht der sein, der ich zu sein vorgebe, dann vergleichen sie das Gerücht mit dem, was sie über mich zu wissen meinen und schlagen es in den Wind. Wenn sie nichts in der Hand haben, mit dem sie das Gerücht vergleichen können, dann sind sie eher geneigt, ihm Glauben zu schenken."
„Du freundest dich also zu Tarnzwecken mit Menschen an?"